Exempla 2010 - "Keramik gestaltet die Erde"

Exempla 2010 "Keramik gestaltet die Erde"

Vom 3. bis 9 März 2010 werden im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse München in Halle A 1 ("Handwerk & Design") die vier internationalen Sonderschauen Exempla, Talente, Schmuck und Meister der Moderne gezeigt. Nach dem Schmuckjubiläum im letzten Jahr feiert nun die größte der Sonderschauen, die Exempla, im März 2010 ihr 40jähriges Bestehen. Das Jubiläumsthema "Keramik gestaltet die Erde" wurde bewusst gewählt, denn das Material ist – allen Unkenrufen zum Trotz – heute nicht weniger wichtig und aktuell als 1970 und in unserem Leben allgegenwärtiger als uns oft bewusst ist.

Exempla 2010

Fachschule für Keramik und Technik Höhr-Grenzhausen

Der Werkstoff Ton hat die Geschichte der Menschheit begleitet. Schon alleine daraus bezieht er seine große Anziehungskraft. Die Faszination, zu beobachten, wie sich dieser Werkstoff, sein Einsatz und seine Bearbeitungstechniken über Jahrhunderte und Jahrtausende veränderten, ist groß.

Exempla 2010

Nikos Kavgalakis

In der Exempla 2010 wird das Thema Keramik vom einfachen Baumaterial wie Ziegel bis hin zu künstlerischen Arbeiten durchgespielt. Die Ausstellung beginnt mit einem historischen Exkurs in die Anfänge der Gebrauchskeramik in Oberbayern. Leihgaben aus der Archäologischen Staatssammlung München zeigen Tongefäße vom Neolithikum bis in die Renaissance.

Ein zweiter Ausflug in die Welt der historischen Keramik stammt aus dem Bereich der Denkmalpflege und betrifft die lebensgroße Terrakotta-Armee des ersten chinesischen Kaisers (259-210 v.Chr.). Die Terrakotta-Skulpturen dieses erst 1974 durch Zufall entdeckten und seither als denkmalpflegerische Sensation gefeierten Ensemble sind alle von Hand geformt und bei niedrigen Temperaturen in Reduktionsbränden gebrannt, anschließend erhielten sie eine Farbfassung. Ein regelrechtes Feuerwerk spielte sich auf den Oberflächen der Skulpturen ab, leuchtende Farben waren ursprünglich in dicken Farbschichten aufgetragen und in erstaunlichen Kombinationen arrangiert. Diese Fassung ging nach der Ausgrabung fast vollständig verloren. Die Konservierung und Rekonstruktion dieser Farbfassung wurde unter anderem vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in Zusammenarbeit mit der TU München/Lehrstuhl für Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft durchgeführt. 2004 gelang es dem chinesisch-deutschen Expertenteam ein Verfahren zum Schutz dieses Farbüberzugs zu entwickeln. Das aufsehenerregende Forschungsprojekt wird in der Ausstellung vorgestellt.

Exempla 2010
Die lebensgroße Terrakotta-Armee
Exempla 2010
... bei der Restaurierung
Die lebensgroße Terrakotta-Armee..bei der Restaurierung

Den bedeutendsten Teil der Exempla 2010 wird die künstlerische Keramik einnehmen. Eine Sonderpräsentation zeigt international renommierte Keramiker wie Arnold Annen, François Fouilhoux, Enric Mestre, Michael Cleff, Elizabeth Fritsch und Takeshi Yasuda.

Der französische Keramiker Jean-François Fouilhoux arbeitet ausschließlich mit Seladon. Seine Keramiken haben häufig expressive Formen, um den Reiz der Glasur voll zu entfalten; ihre Oberflächen erscheinen weich und samten. Diese sinnlich-haptische Wirkung haben sie mit den Plastiken von Michael Cleff aus Bochum gemein. Cleffs Arbeiten sind minimalistisch und greifen auf geometrische Grundformen zurück, für seine Oberflächen brennt er Pigmente und Engoben in seine Keramiken ein und erzielt auf diese Weise eine matte Farbigkeit.

Exempla 2010
Jean-François Fouilhoux
Jean-François Fouilhoux

Der Schweizer Arnold Annen arbeitet vor allem mit Limoges-Porzellan. Seit Jahren perfektioniert er seine Technik, hauchdünne Porzellanschälchen von unglaublicher Transparenz zu fertigen. Er verwendet die Porzellanerde ungefärbt und unverfälscht, vorzugsweise in Weiß und gestaltet ihre Oberfläche mit der "Absprengtechnik", d.h. er bearbeitet sie in ungebranntem, noch feuchtem Zustand mit dem Gasbrenner. Bei seinen größer dimensionierten Arbeiten thematisiert den Bezug eines Objektes zur Umgebung, zu Raum und Licht. Seine neueren Arbeiten erinnern an einfache Urformen und fossilienartige Wesen. Die bei 1250 Grad reduzierend gebrannten Objekte weisen Risse und Brüche auf, sie sind rau, skelettartig und werfen imponierende Schatten.

Exempla 2010
Arnold Annen
Arnold Annen

Elizabeth Fritsch gehört seit Jahrzehnten zu den einflussreichsten britischen Keramikern. Als eine der ersten britischen Keramiker wandte sie sich von der traditionellen Gefäßkeramik ab und wies der künstlerischen Keramik neue Wege. Die mit einer Wulsttechnik aufgebauten Arbeiten aus feinschamottiertem Steinzeugmasse haben architektonischen Charakter. Die geometrischen Umrisse der Formen und die Oberflächengestaltung mit den matten Engoben in für Keramik ungewöhnlichen Farben steigern die Effekte und scheinbar gegensätzliche kompositorische Elemente verbinden sich zu einer harmonischen Einheit. Rhythmus und Musikalität spricht aus ihnen, Op-Art Effekte, Elemente des Surrealismus und der Pittura metafisica klingen an.

Takeshi Yasuda
Takeshi Yasuda
Takeshi Yasuda

Die virtuosen Gefäße des in Tokio geborenen Takeshi Yasuda sind gedreht und von großer taktiler Qualität. Die Ränder wirken weich, fließend, dehnbar, die Farbpalette ist zurückhaltend, fast puritanisch. Vor kurzem wurde er zum Direktor der neuen, experimentellen Porzellanschule in Jingdezhen/China berufen. Bereits seit über 1700 Jahren, seit der Song Dynastie, ist Jingdezhen als Porzellanstadt bekannt. In Jingdezhen sind auch die neuesten, monumentalen Arbeiten von Felicity Aylieff entstanden. Seit 2005 arbeitet die Engländerin mit Keramikern aus Jingdezhen zusammen und schafft monumentale Gefäßskulpturen von spektakulärer Größe. Die Gefäße haben eine Höhe von bis zu 3 Metern, werden in verschiedenen Abschnitten gedreht, dann zusammengesetzt und vier Tage lang gebrannt. Die erfahrenen Töpfer in "Mr. Yu’s Manufaktur für große Gefäße" bewältigen die Herstellung, das Drehen und Zusammensetzen, dieser Skulpturen. Felicity Aylieff hat sich vor allem mit der Oberflächendekoration und der Farbgebung der chinesischen Keramik auseinander gesetzt. Die neuesten Arbeiten zeigen grafische, ornamentale Motive, die sich fast wie ein Textildruck über das Gefäß ziehen. Die floralen, mit Latexstempeln aufgetragenen Motive erinnern an die traditionelle chinesische Exportkeramik.

Exempla 2010
Felicity Aylieff
Felicity Aylieff

Ungefähr 200 km südlich von Paris, unweit von Bourges, liegt das traditionelle Keramikzentrum "La Borne". Die Region ist seit Jahrhunderten für ihre Keramik bekannt und bis heute befindet sich eine äußerst lebendige Keramikszene in und um La Borne. Hervé Rousseau aus Henrichemont ist einer der Protagonisten. Die aufgebauten, eher wie Skulpturen denn Gefäße wirkenden Arbeiten werden im Holzofen gebrannt. Die expressiven, überaus kraftvollen Gefäßskulpturen strahlen eine große Ursprünglichkeit aus. Ihre zum Teil fast schroffen Formationen scheinen von einer Urgewalt geschaffen, nichts ist glatt und geschönt an ihnen, sie sind ebenso natürlich wie kompromisslos und wirken, als wären sie schon immer da gewesen.

Sonngard Marcks
Sonngard Marcks
Sonngard Marcks

Wer empfänglich ist für Poesie, wird sich dem Reiz der Arbeiten von Sonngard Marcks und Hans Fischer kaum entziehen können. In der Exempla 2010 bekommt man die Gelegenheit, dem Herstellungsprozess dieser Keramiken beizuwohnen. Sonngard Marcks malt auf einer weißen Zirkonglasur ihre fantasievollen Blüten- und Früchtearrangements, lässt wie auf alten Stillleben Schmetterlinge und Käfer umherfliegen und krabbeln. Manchmal ist das Ornament nicht nur gemalt, es tritt dreidimensional, als Hochrelief, aus dem Gefäß heraus, ähnlich wie es schon die prunkvollen Rokokogeschirre aus den Renommiermanufakturen wie Meissen und Nymphenburg vormachten. Hans Fischers irdenes Gebrauchsgeschirr ist mittlerweile ein Klassiker. Seine Teller, Platten, Terrinen bezaubern und berühren durch ihre Heiterkeit. Die lebendigen, spontan hingeworfen wirkende Zeichnungen und eingeritzten Schriftzüge sind eine Art Markenzeichen Fischers geworden. Die Auseinandersetzung mit der Tradition der volkstümlichen Keramik, vor allem der niederbayerischen und süd- wie südosteuropäischen Tradition, wie auch mit der Malerei der klassischen Moderne sind unverkennbar.

Exempla 2010
Hans Fischer
Hans Fischer

Martin Möhwald arbeitete nach seiner Lehre bei Hedwig Bollhagen zunächst einige Jahre im Atelier seiner Mutter, der legendären Gertraud Möhwald, in Halle. Seit 1977 ist er dort freischaffend tätig und fertigt alltagstaugliches Geschirr, das so schön ist, dass die Funktion fast nebensächlich wird und man sich mit dem Betrachten zufrieden geben möchte – was schade wäre! Die Oberflächen gestaltet Martin Möhwald mittels einer Umdrucktechnik mit Schriftzügen, Lettern, Zeichen und Ornamenten, die er wie Bruchstücke einsetzt. Sie erinnern an alte, zum Teil heruntergerissene Reklame an Litfaßsäulen, an archäologische Fundstücke. Der lesbare Inhalt ist dabei nicht wichtig, ihm geht es um die Ästhetik dieser verblichenen, zerrissenen, fragmentierten Schriften.

Exempla 2010
Martin Möhwald
Martin Möhwald

In einer lebenden Werkstätte wird die bereits 1747 gegründete Staatliche Porzellanmanufaktur Nymphenburg das Thema "Porzellanguß" darstellen. Bis heute werden in Nymphenburg Porzellangeschirre und -objekte in reiner Handarbeit gefertigt. Das historische Formenlager umfasst mittlerweile mehr als 30.000 Modelle. Die Manufaktur arbeitet auch mit zeitgenössischen Designern an neuen Kleinserien, so z. B. die 13-teilige Geschirrserie "Lightscape" von Ruth Gurvich. Die Argentinierin stellte bei diesen Gefäßen aus zartem Biskuitporzellan vor allem Licht- und Schatten-Effekte und das Thema Dreidimensionalität in den Fokus.

Exempla 2010
Ruth Gurvich
Exempla 2010
Kap-Sun Hwang

Porzellan Manufaktur Nymphenburg

Kap-Sun Hwang

Der südkoreanischen Keramiker Kap-Sun Hwang ist ein Meister der Perfektion, ein von Keramik und im speziellen vom Porzellan regelrecht Getriebener. Seine schlichten, reduzierten Gefäße sind technische Meisterwerke, unprätentiös und doch überaus kunstfertig. Kap-Sun Hwang ist auch die Präsentation von 10 koreanischen Mondvasen in der Exempla 2010 zu verdanken. Wegen ihrer an den Mond erinnernden Form wurden die rundbauchigen Töpfe in Korea liebevoll "dalhang-ari" (Vollmondtopf) genannt. Die Gefäße, die bis heute hergestellt werden, wurden erstmals im 17. Jahrhundert für das Königshaus in Gwangju gefertigt und gelten in Korea seither als Ikonen für Einheit, Natur und Harmonie.

Exempla 2010
Attenberger
Exempla 2010
Heller

Attenberger Bodenziegel

Golem Kunst- und Baukeramik

Beim Thema "Baukeramik" werden neben handgestrichenen Ziegeln, glasierten Dachziegeln und Dacheindeckungen in der Ausstellung auch keramische Verkleidungen wie Fassaden aus Formsteinen oder plastische Verzierungen aus Keramik und Fliesenwände angesprochen. Fast jeder kennt das Dach des weltberühmten Sydney Opera House des dänischen Architekten Jørn Utzon. Die wenigsten dürften wissen, dass es mit 1.056.000 weiß glasierten Keramikfliesen verkleidet ist, die dem Gebäude zu seiner unverwechselbaren Wirkung verhelfen. Ein weiteres Beispiel ist das im Mai 2009 eröffnete Museum Brandhorst des Architekturbüros Sauerbruch Hutton aus Berlin. Die Außenhaut des lang gestreckten Baukörpers der großen Privatsammlung für zeitgenössische und moderne Kunst besteht aus vertikal angeordneten Keramikstäben, die in jeweils sechs Farbtönen glasiert sind, sowie einer dahinter gelegenen, horizontal gefalteten zweifarbigen Blechfassade. 36.000 Keramikstäbe, die in 23 verschiedenen Farben funkeln, gestalten diese Oberfläche. Jeder einzelne Stab hat seinen genau festgelegten Platz, je nach Blickwinkel wirkt die Fassade kräftig gestreift oder mit verschwimmenden Farbfeldern. Hergestellt wurden diese Stäbe von NBK Berlin, die unter anderem auch die Keramik für den Potsdamer Platz in Berlin von Renzo Piano herstellten.

Exempla 2010
Ludwigskirche
Brandhorst
Brandhorst
Ludwigskirche München

Sammlung Brandhorst München

Neben dem großen Gebiet der Baukeramik und der künstlerischen Keramik wird in der Ausstellung auf ein weiteres, immer wichtiger werdendes Gebiet verwiesen, auf die sogenannten "technischen Keramiken". Die Anwendungsbereiche für technische Keramik werden weiter wachsen, denn wo Metall an seine Grenzen stößt, wird gerne auf Keramik zurück gegriffen. Es sind meist Glanzleistungen der Fertigungstechnik, die eine überraschende ästhetische Wirkung ausstrahlen.

Exempla 2010

Dieselpartikelfilter, Fraunhofer Institut IKTS, Dresden

 

Teilnehmerliste
Exempla 2010

Jérôme Galvin ,Frankreich • Golem GmbH Kunst- und Baukeramik ,Deutschland • Pep Gomez ,Frankreich • W. Haldenwanger Technische Keramik GmbH & Co. KG, Deutschland • Yeong-Yong Han ,Südkorea • Kap-Sun Hwang ,Deutschland • Alimata Kané ,Mali • Si-Sook Kang ,Deutschland • Nikos Kavgalakis ,Griechenland • Né Koumaré ,Mali • Kurt Kowald ,Deutschland • Yeong-Ho Lee ,Südkorea • Young Soon Lee ,Südkorea • Hans Lex Spenglerei Bedachung ,Deutschland • Morten Løbner Espersen ,Dänemark • maxon motor GmbH ,Deutschland • Sonngard Marcks ,Deutschland • Enrique Mestre ,Spanien • Martin Möhwald ,Deutschland • Barbara Nanning ,Niederlande • Neue ZIEGEL-MANUFAKTUR Glindow GmbH ,Deutschland • Isabelle Pammachius ,Frankreich • Bu-Eun Park ,Südkorea • Porzellanikon Selb ,Deutschland • Porzellan Manufaktur Nymphenburg ,Deutschland • Helmut Rohde GmbH ,Deutschland • Hervé Rousseau ,Frankreich • Sauerbruch Hutton Gpg mbh ,Deutschland • Siegert electronic GmbH ,Deutschland • Technische Universität ,München • Lehrstuhl für Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft, Deutschland • Ku Yang ,Südkorea • Takeshi Yasuda ,Großbritannien • Masamishi Yoshikawa ,Japan