Ab 1. Januar 2015: Gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro/Stunde
Unabdingbarer Anspruch mit einzelnen Ausnahme- und Übergangsregelungen
Zum 1. Januar 2015 wird in Deutschland erstmals ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn eingeführt. Er beträgt 8,50 Euro brutto/Stunde. Alle Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sind gegenüber ihren in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern zur Zahlung des Mindestlohns verpflichtet. Ausnahmen bestehen für einzelne Personengruppen, wie z. B. Jugendliche unter 18 Jahren ohne Berufsausbildung. Außerdem gelten bis zum 31. Dezember 2017 Übergangsregelungen für bestimmte Tariflöhne. Der Zoll prüft, ob http://www.gesetze-im-internet.de/miloaufzv/Arbeitgeber ihren Verpflichtungen zur Zahlung des Mindestlohns nachkommen. Bei Verstößen drohen empfindliche Geldbußen.
Gesetzliche Grundlage hierfür ist das Tarifautonomiestärkungsgesetz, BGBl. I 2014, S. 1348 ff. Dieses Gesetz beinhaltet das Mindestlohngesetz (MiLoG) und sieht Änderungen beim Tarifvertragsgesetz und anderen Gesetzen vor.
Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns – Mindestlohngesetz (MiLoG)
Nach dem MiLoG haben alle inländischen und nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer ab dem 18. Lebensjahr (auch Teilzeitkräfte und z. B. Minijobber) ab dem 1. Januar 2015 Anspruch auf ein Mindestentgelt in Höhe von 8,50 Euro brutto je Arbeitsstunde.
Ausnahmen vom Mindestlohnanspruch
Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn gilt nicht für:
- Auszubildende
- ehrenamtlich Tätige
- Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung
- Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung
- Verpflichtendes Praktikum (schul-, hochschulrechtlich, Ausbildungsordnung, gesetzlich geregelte Berufsakademie)
- Freiwilliges Praktikum bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studium bzw. begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung, wenn nicht zuvor mit demselben Ausbildenden ein solches Praktikumsverhältnis bestand
- Personen im Rahmen einer Einstellungsqualifizierung (§ 54 a SGB III) oder Berufsbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz
- Zeitungszusteller: ab 2015 75 %, ab 2016 85 % des Mindestlohns, ab 2017 8,50 Euro
Unabdingbarkeit
Vereinbarungen z. B. in Arbeitsverträgen, die den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten, seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind unwirksam. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen. Ein Verzicht ist nur im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs möglich. Im Übrigen gilt die dreijährige Verjährungsfrist.
Verhältnis zu Tarifverträgen (Übergangsregelung)
Grundsätzlich geht der gesetzliche Mindestlohn auch Tarifverträgen vor, soweit Tariflöhne den gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten.
Bis zum 31. Dezember 2017 sind jedoch tarifliche Abweichungen auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zulässig.
Für weite Bereiche des Handwerks (z. B. Baugewerbe, Dachdecker-, Maler-, Elektrohandwerk, Gebäudereinigung) bestehen derartige spezielle – vielfach über 8,50 Euro/Stunde liegende - Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz, www.bmas.de und www.zoll.de. Voraussichtlich wird es zum 1. Januar 2015 auch eine Regelung für das Friseurhandwerk geben.
Für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2017 müssen diese abweichenden Tarifverträge mindestens ein Entgelt von 8,50 Euro/Stunde vorsehen.
Ab dem 1. Januar 2018 gilt dann ausnahmslos in allen Branchen der gesetzliche, ggf. durch die Mindestlohnkommission erhöhte Mindestlohn ohne jede Einschränkung. Tarifverträge, die unter dem Mindestlohn liegen, sind dann nicht mehr zulässig.
Künftige Anpassung des Mindestlohns
Die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns wird alle zwei Jahre durch eine Mindestlohnkommission überprüft und kann auf deren Vorschlag durch Rechtsverordnung der Bundesregierung, erstmals zum 1. Januar 2017 geändert werden.
Die Mindestlohnkommission besteht aus je drei stimmberechtigten Mitgliedern der Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, einem Vorsitzenden und zwei beratenden Mitgliedern.
Berechnung des Mindestlohns
Der gesetzliche Mindestlohn beträgt 8,50 Euro brutto je Arbeitsstunde. Akkord- und Stücklöhne sind zulässig, soweit der Mindestlohn für die geleistete Arbeitsstunde erreicht wird.
Im Übrigen lässt das Gesetz offen, welche Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn angerechnet werden können. Nach derzeitiger Rechtslage sind Zulagen und Zuschläge anrechenbar, wenn sie die Gegenleistung für die vertragsgemäß erbrachte, normale Arbeitsleistung darstellen. Entsprechendes gilt für Sonderzahlungen, wie Weihnachtsgeld oder zusätzliches Urlaubsgeld, wenn diese unwiderruflich, anteilig und an dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitszeitpunkt gezahlt werden.
Nicht berücksichtigungsfähig und damit zusätzlich zu gewähren sind außerordentliche Zulagen und Zuschläge, die aufgrund besonderer (Tages-)Zeiten (z. B. Sonn-, Feiertags-, Nachtarbeit) oder aufgrund erschwerter oder gefährlicher Umstände (z. B. Schmutz- oder Gefahrenzulagen) anfallen.
Geringfügige Beschäftigung
Der Mindestlohn kann ab 2015 bei geringfügig entlohnten Beschäftigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ("Minijobber") bewirken, dass die monatliche Entgeltgrenze von 450 Euro überschritten wird und dadurch reguläre Sozialversicherungspflicht eintritt. Gegebenenfalls muss in diesem Fall die vereinbarte Stundenzahl angepasst werden, um die 450-Euro-Grenze auch künftig einzuhalten.
Fälligkeit des Mindestlohns
Der gesetzliche Mindestlohn ist zum Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit, spätestens
zum letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, an dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, zu bezahlen.
Arbeitsstunden, die über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen und auf ein schriftlich vereinbartes Arbeitszeitkonto eingestellt werden, sind spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeit oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen. Dies gilt jedoch nur dann, soweit der Anspruch auf den Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden nicht bereits durch Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist.
Die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden dürfen monatlich jeweils 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen. Im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber nicht ausgeglichene Arbeitsstunden spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat auszugleichen.
Generalunternehmerhaftung
Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat, verschuldensunabhängig dafür, dass
- der von ihm beauftragte Unternehmer
- dessen beauftragter Nachunternehmer
- ein von diesem Unternehmer oder Nachunternehmer beauftragter Verleiher
den gesetzlichen Mindestlohn zahlt. Die Haftung bezieht sich auf den Netto-Entgeltanspruch.
Dokumentation der Arbeitszeit
Arbeitgeber, die geringfügig Beschäftigte oder Arbeitnehmer in den in § 2 a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Branchen (z. B. Bau-, Gaststätten-, Gebäudereinigungsgewerbe) beschäftigen, sind verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens bis zum Ablauf des 7. auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen. Darüber hinaus sind die für den Nachweis der Zahlung des Mindestlohns erforderlichen Unterlagen für die gesamte Dauer der Beschäftigung, längstens jedoch zwei Jahre, bereitzuhalten, auf Verlangen des Zolls auch am Ort der Beschäftigung. Die Pflichten gelten für Entleiher, die Zeitarbeitnehmer in den genannten Branchen einsetzen, entsprechend.
Ausnahmen enthalten - unter bestimmten Voraussetzungen - die Mindestlohnaufzeichnungsverordnung für ausschließlich mobil tätige Arbeitnehmer und die Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung für Arbeitnehmer, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt 2958 Euro brutto überschreitet.
Kontrolle/Ordnungswidrigkeiten/Bußgeldvorschriften
Die Kontrolle liegt bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Bundeszollverwaltung.
Bei Verstößen des Arbeitgebers gegen das Mindestlohngesetz drohen empfindliche Geldbußen bis zu 30.000 Euro (z. B. bei Verstößen gegen Nachweis- und Dokumentationspflichten) bzw. bis zu 500.000 Euro (z. B. bei Nichtzahlung des Mindestlohns oder der Nichtzahlung des Mindestlohns durch einen mit einer Werk- oder Dienstleistung beauftragten Dritten oder durch einen Nachunternehmer, wenn der Unternehmer dies weiß oder fahrlässig nicht weiß).
Ausschluss von der öffentlichen Vergabe
Unternehmen, die wegen eines Verstoßes gegen das Mindestlohngesetz mit einer Geldbuße von mindestens 2.500 Euro belegt wurden, können im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens für eine angemessene Zeit von der Teilnahme am Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- und Dienstleistungsauftrag ausgeschlossen werden.
Gestaltung von Arbeitsverträgen
Arbeitgebern, die Arbeitnehmer im Mindestlohnsektor beschäftigen, ist für die Gestaltung von Arbeitsverträgen zu raten, Zulagen und Zuschläge als Bestandteil der Festvergütung zu vereinbaren, sofern dies tarifvertraglich möglich ist. Um eine möglichst weitgehende Anrechnung von Vergütungsbestandteilen auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erreichen, sollten gesonderte Zulagen und Zuschläge nach Möglichkeit auf wirklich benötigte Sondertatbestände beschränkt werden.
Links zum Gesetzestext:
Verordnung zu den Dokumentationspflichten nach den §§ 16 und 17 des Mindestlohngesetzes in Bezug auf bestimmte Arbeitnehmergruppen (Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung - MiLoDokV) vom 18. Dezember 2014, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 29.12.2014, siehe www.bundesanzeiger.de, bei Suche „MiLoDokV“ und bei Suchbereich „Amtlicher Teil“ eingeben
Weiterführende Links und Informationen:
Mindestlohn-Hotline des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: Tel. 030/60280028
Informationen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unter der-mindestlohn-gilt.de
Informationen des Zolls
Stand: November 2014