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Dubai. Vereinigte Arabische Emirate (VAE).

Sonne, Sand und arbeiten wo andere Urlaub machen. So stellen sich viele Dubai am Persischen Golf vor. Mit etwas mehr als dreieinhalb Millionen Einwohnern ist die Stadt auch ein beliebtes Ziel des oberbayerischen Handwerks. Die Handwerkskammer blickt auf eine lange Beratungsgeschichte zur Außenwirtschaft von mittlerweile 25 Jahren zurück. Heute machen die Beratungen zu Nicht-EU-Staaten 15-20 % aus.

Einige Betriebe suchen die sogenannte Markterschließungsberatung. Das bedeutet, zuallererst einmal gemeinsam mit unseren Spezialisten herauszufinden, welche Märkte für den jeweiligen Handwerksbetrieb interessant sein können, wie ich als Handwerker vorgehen soll und ob ich meine Produkte gegebenenfalls anpassen muss. Den Löwenanteil in der Außenwirtschaft (früher auch Exportberatung genannt) machen hingehen Auftragsabwicklungsberatungen aus, die sehr konkret auf die bürokratischen Hürden im Einzelfall eingehen.  

In der Beratung wird geklärt, ob es sich um eine Dienstleistung mit Mitarbeitern vor Ort handelt, wenn zum Beispiel Materialien verbaut werden, die Partner im Ausland beschafft haben. Im Falle einer Lieferung werden Baustoffe für den Einsatz im Ausland von hier mitgenommen. Dann benötigt der Handwerksbetrieb zusätzlich noch eine Zollberatung zu wichtigen Themen wie Anmeldung und Abwicklung. Um solche Formalitäten kümmert sich dann häufig auch die beauftragte Spedition.

 

Augen auf im Bürokratiedschungel

Visa oder nicht Visa ist eine Frage, an der niemand vor einem Auslandseinsatz außerhalb der EU vorbeikommt. Da Dubai weder zur EU noch zum europäischen Wirtschaftsraum gehört, ist die Bürokratie im Vorfeld eine Herausforderung für jeden Handwerksbetrieb, der dort tätig werden möchte. Die Handwerkskammer unterstützt beratend, keine Überraschungen auf unsere Handwerker zukommen. Durch ihre Erfahrung und Kontakte zur Botschaft kann sie jeden Betrieb und seine Mitarbeiter individuell unterstützen, die richtigen Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse für die Dauer des Projektes zu finden.

Augen auf gilt auch für die spätere Abrechnung der Leistungen: Beim sogenannten Dienstleistungsexport, müssen die Vorschriften vor Ort beachtet werden, wie zum Beispiel: benötige ich ein Visum und Arbeitserlaubnis, wie muss ich Rechnungen schreiben und wie werde ich besteuert. Die Bürokratieanforderungen sind in den letzten Jahren nicht weniger geworden.

Auch in der Heimat sind noch einige Dinge zu erledigen, bevor es losgehen kann. Zum Beispiel muss die deutsche Krankenversicherung jedes Mitarbeiters über eine Tätigkeit im Ausland und deren Dauer informiert werden. Nur so können etwaige Behandlungskosten aus dem Ausland übernommen werden. Im Fall Dubai greift die europäische Krankenversicherung nicht. Der Betrieb und Mitarbeiter müssen also klären, welche Zusatzversicherungen abgeschlossen werden können und müssen, damit sich die Mitarbeiter vor Ort vollkommen auf ihr Handwerk konzentrieren können.

 

Die Klassiker sind stark vertreten, einige Gewerke überraschen

Ab Mitte der 2000er Jahre nahm in Dubai die Baukonjunktur stark zu und der Hotelbau in der Stadt florierte. Das merkte seinerzeit auch die Handwerkskammer, deren Außenwirtschaft ab dieser Zeit viel mehr Beratungen als zuvor zum Emirat Dubai verzeichnete.

Heute sieht man mit dem Baugewerbe und vor allem mit dem exklusiven Innenausbau einen klaren Schwerpunkt der Gewerke, die von Oberbayern heraus in Dubai tätig werden. Direkt dahinter folgen in den VAE tatsächlich die Gesundheitsberufe. Eine besondere Kooperation brachte einst zwei oberbayerische Betriebe in die Beratung der Handwerkskammer deren Partnerschaft man nicht auf den ersten Blick vermuten würde. Einen Hörgeräteakustiker und einen Goldschmied. Auch Scheiche haben manchmal Schwierigkeiten mit den Ohren, wünschen sich dabei häufig exklusivere Produkte. Das auf die Bedürfnisse des Scheichs abgestimmte Hörgerät made in Oberbayern wurde dann individuell für ihn vergoldet. Unser Handwerk kann also auch rund um die Welt die individuellsten Wünsche erfüllen.

Substanziell lohnen sich gerade wegen der großen Entfernung Aufträge in Drittstaaten, also außerhalb der EU, erst ab einem gewissen Volumen und Dauer. Über den Preis können unsere Handwerker im Ausland nicht konkurrieren, und das wollen sie auch nicht. Worauf es ankommt, ist der Dreiklang, der unser Handwerk in der Welt ausmacht. Qualität, Hand in Hand mit Exklusivität und der Spezialisierung auf ein besonderes Nischenprodukt, das im lokalen Markt punktet.

Doch nicht jeder Handwerksbetrieb ist auf eigene Faust in Auslandsmärkten unterwegs. Viele unserer Unternehmen arbeiten im sogeannnten Huckepackverfahren. Das bedeutet, der oberbayerische Handwerker tritt als Subunternehmer in einem meist europäischen Projektverbund auf, profitiert also von seinen zu Hause aufgebauten Kontakten zu größeren Firmen. Diese nehmen ihn dann als vertrauten Partner mit ins Ausland, um nicht von lokalen und vor allem unbekannten Firmen abhängig zu sein.

 

Oberbayerische Produkte sind bekannt. Die fremde Kultur oft weniger

Viele, die ins Ausland gehen, vergessen im Vorfeld den etwaigen Kulturschock. Wenn mit lokalen Partnern in der Vergangenheit noch keine Geschäfte gemacht wurden, dauert es im Arabischen Raum wesentlich länger und verlangt mehr persönliche Treffen als in Deutschland, bis man sich vertraut und zusammenarbeiten möchte. Wer hier zu ungeduldig auftritt und den Arabern gar als zu „pushy“ erscheint, riskiert mit seinem Verhalten einen kulturellen Fauxpas. Dieser kann dann auch das Ende einer Zusammenarbeit bedeuten, bevor sie überhaupt erst richtig begonnen hat. Auch der goldene Tipp, nicht über Politik und Religion zu reden, ist hier noch wichtiger als andernorts. Kulturelle Fallstricke lauern auch in lokalen Produktvorlieben, die nicht immer den deutschen entsprechen. Ein oberbayerischer Metzger hatte vor, Weißwürste aus Schweinefleisch in der Dose nach Dubai zu exportieren. Manchmal müssen die Außenwirtschaftsberater dann auch von einer Geschäftsidee abraten. Oder sie empfehlen, zumindest für diesen Markt auf Kalbfleisch umzustellen.

Der eine oder andere sorgt sich neben kulturellen Herausforderungen auch, wie er mit der fremden Sprache umgehen soll. Dietmar Schneider von der Handwerkskammer beruhigt: „Es ist immer die Frage, mit wem Sie vor Ort zu tun haben. Ohne Englisch wird es schwer und ein paar Brocken Arabisch öffnen so manche Tür. In den allermeisten Fällen ist Englisch aber zwischen deutschen Handwerkern und den lokalen Ingenieuren und Bauträgern die Verkehrssprache.“

Natürlich geht es auch im Ausland am Ende des Tages ums Geld. Was passiert, wenn der Geschäftspartner vor Ort nicht zahlen möchte? Meist sind Handwerksbetriebe im Gegensatz zur Industrie in der komfortablen Situation, Vorauskasse oder Teilvorauskasse durchsetzen zu können.

Die Handwerkskammer hat hier leider, wenn es hart auf hart kommt keine Handhabe, kann aber in einem solchen Fall vermitteln und auf die Außenhandelskammern (AHK) zurückgreifen, mit denen sie kooperiert. Bei Streitigkeiten kann die Deutsch-Arabische Handelskammer für ein Schlichtungsverfahren eingeschaltet werden, was meist so viel Eindruck macht, dass offene Rechnungen beglichen werden.

Im November findet in Dubai die Big 5 Global statt, die größte Baufachmesse des Mittleren Ostens. Für das Handwerk ist dies eine hervorragende Möglichkeit über den geförderten Gemeinschaftsstand der bayerischen Wirtschaft mit lokalen Partnern ins Gespräch zu kommen.

Text: Malte Stegner