Hinweisgeberschutzgesetz am 2. Juli 2023 in Kraft getretenWhistleblower-Richtlinie der Europäischen Union
Das Hinweisgeberschutzgesetz tritt am 2. Juli 2023 in Kraft. Welche Unternehmen bis zu welchem Zeitpunkt eine interne Meldestelle einrichten müssen, welche Verstöße überhaupt gemeldet werden können und was das Gesetz für die Praxis bedeutet.
Um diese Verstöße geht es
Arbeitnehmer können straf- oder bußgeldbewehrte Verstöße ihres Arbeitsgebers gegen EU-Recht oder deutsches Recht melden. Das deutsche Gesetz geht hier über die EU-Richtlinie hinaus. Meldefähig sind alle Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die Verstöße ahnden, die etwa Leben, Gesundheit oder Arbeitsschutzrechte betreffen.
Meldefälle könnten nach § 2 HinSchG diese Bereiche betreffen
- Steuern wie Steuerhinterziehung, unkorrekte Rechnungen, Bargeldgeschäfte und Schwarzgeld
- Schwarzarbeit
- Schutzrechte der Arbeitnehmer wie Mindestlohn, Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz
- Betrug bei Corona-Hilfen
- Betrug bei Kurzarbeitsgeld
- Datenschutz
- Verkehrssicherheit
- Lebensmittelsicherheit, Beispiel Gammelfleisch Skandal
- Produktsicherheit, Beispiel Abgasskandal
- Tier- Umweltschutz
- Verstöße bei der Vergabe öffentlicher Aufträge
- Korruption
Interne und externe Meldestellen
Meldungen sind an interne oder externe Meldestellen möglich. Anders als ursprünglich vorhergesehen, hat der Hinweisgeber jedoch kein Wahlrecht.
Wenn sichergestellt wird, dass der Meldegrund beim Arbeitgeber vernünftig bearbeitet wird und keine Repressalien folgen, dann soll die interne Meldestelle vor der externen kontaktiert werden.
An eine externe Meldestelle können sich – unter Berücksichtigung der Priorisierung - alle Beschäftigten wenden, auch die, deren Arbeitgeber keine eigene interne Meldestelle bereitstellen muss.
Nicht jedes Unternehmen ist verpflichtet, eine Meldestelle einzurichten
- Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten müssen keine Meldestelle einrichten.
- Unternehmen mit mehr als 50 und bis zu 249 Beschäftigten müssen ab 17. Dezember 2023 eine interne Meldestelle anbieten.
- Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten müssen mit Inkrafttreten des Gesetzes eine interne Meldestelle eingerichtet haben.
Wer keine Meldestelle per Gesetz einrichten muss, kann jedoch ebenfalls ein unternehmensinternes Verfahren anbieten, um Unregelmäßigkeiten zu melden - besonders, wenn es um den Schutz von Mitarbeitern geht.
Wie funktioniert eine Meldung?
Das Gesetz schreibt im Grunde nur vor, dass der interne Meldekanal vom Unternehmen umfassend kommuniziert werden und niederschwellig nutzbar sein muss. Im Laufe der Zeit wird sich herausstellen, welche Meldeverfahren und Meldewege richtig sind. Die Vertraulichkeit des Hinweisgebers muss gesichert sein. Ursprünglich sollten auch anonyme Meldungen möglich sein. Das ist jetzt aufgeweicht worden. Arbeitgeber müssen nun kein System zur Verfügung stellen, in dem eine Meldung anonym abgegeben werden kann.
Vorgaben des Gesetzes
Einem Hinweisgeber muss es möglich sein, 24 Stunden an sieben Tagen die Woche weltweit in seiner Arbeitssprache eine Meldung abzugeben. Eine interne Mail zur Meldung ist nicht ausreichend, da jeder IT-Mitarbeiter Zugriffe hätte. Als Möglichkeit blieben laut Rechtsanwalt nur ein Anrufbeantwortersystem, bei dem die Telefonnummer nicht angezeigt wird, oder über ein IT-geschütztes System.
Darüber hinaus muss das Meldeverfahren so aufgestellt sein, dass der Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen eine Eingangsbestätigung erhält. Innerhalb der folgenden drei Monate soll ihn eine Rückmeldung erreichen, was das Unternehmen bezüglich seiner Meldung unternommen hat. Entspräche das Meldeverfahren technisch nicht dem Gesetz, droht ein Ordnungsgeld von bis zu 50.000 Euro.
Meldestelle an Dritte auslagern
Eine interne Meldestelle soll von besonders qualifizierten und geschulten Mitarbeitern betreut werden. Bei Straftatbeständen gegen Leben und Gesundheit oder sexueller Nötigung am Arbeitsplatz könnte es erforderlich sein, Polizei und Staatsanwaltschaft einzuschalten. Neben dem technischen Outsourcen des Meldeprozesses an ein IT-System kann auch die ganze Meldestelle an einen Dritten ausgelagert werden.
In Frage kommen Anwaltskanzleien, Steuerberater oder Gewerkschaften etc. Für kleine Unternehmen ist das eine Überlegung wert. Unternehmen können sich auch zusammenschließen und gemeinsam eine Meldestelle für ihre Mitarbeiter anbieten.
Verlust des Schutzes
Im besten Sinne soll durch eine Meldung eine Ungerechtigkeit oder Ungleichbehandlung abgeschafft werden. Das Gesetz geht deshalb auch von gutgemeinter Feststellung eines Fehlverhaltens aus. Das habe der Gesetzgeber erkannt und sanktioniert Hinweisgeber bei unwahren Behauptungen.
Sie verlieren dann ihren Hinweisgeberschutz und eventuell entstehen sogar Schadensersatzansprüche gegen sie. Dies gilt insbesondere, wenn externe Meldestellen angesprochen werden, denn dann ist die Meldung nicht mehr im internen Unternehmensbereich, sondern werden von offizieller Seite geprüft und bewertet.